alzheimer.ch - Neugierig auf exotische Instrumente
Mit Hang, Vibraton, Klangschale, Windspiel und Shaker ermöglicht Eva Blanco Menschen mit Demenz Stunden der Sinnlichkeit und des Glücks. Selbst anfangs Unmotivierte und angeblich Unmusikalische sind begeistert.Von Petra Schanz - alzheimer.ch |
Der Raum füllt sich langsam mit Menschen, während Eva Blanco aus Stühlen einen Kreis formt und ihre Instrumente auspackt. Pflegende begleiten Bewohnerinnen und Bewohner zu ihren Plätzen und schieben Rollstühle in den Kreis. Schliesslich sind es sechs Frauen und vier Männer – alles Menschen mit Demenz – die an diesem Nachmittag im Tertianum Etzelgut in Zürich an der musikalischen Aktivierung teilnehmen. Klavier, Gitarre und Lieder gehören allerdings nicht zum nachmittäglichen Programm. Eva Blanco hat Exotisches und Unkonventionelles mitgebracht. Gleich zu Beginn packt sie ein Hang aus und erklärt dessen Herkunft. Eine Dame scheint sich zu erinnern, winkt ab und ruft etwas mürrisch, dass sie das doch schon kenne und bereits das letzte Mal davongelaufen sei. Sie bleibt vorerst sitzen und Eva Blanco lässt sich nicht beirren. Bald hat sie die Aufmerksamkeit im Raum und beginnt eine erste Melodie auf dem Hang zu spielen. |
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Die nächste Bewohnerin will das Instrument fast nicht mehr hergeben und ein Herr schlägt wie wild rundherum auf die Metallröhre. So unterschiedlich der individuelle Umgang mit dem Instrument so einheitlich ist die Konzentration, die jede und jeder einzelne beim Spielen zeigt. Als nächstes machen vier Windspiele mit unterschiedlichen Klängen die Runde. «Schööööön» klinge das, so der allgemeine Tenor. Es folgt ein Holzfrosch mit kleinen Zacken auf dem Rücken, der wie ein Frosch quakt, wenn man mit einem Holzstab darüberstreicht. Auch hier ist die Herangehensweise wieder sehr individuell. Während der eine rundherum rhythmisch draufklopft, streicht eine andere ganz vorsichtig und kaum hörbar darüber. Schliesslich quakt auch in der Natur nicht jeder Frosch gleich. Nach dem Frosch zeigt Eva Blanco, wie auf einer Sansula gespielt wird, einem traditionellen afrikanischen Instrument aus der Familie der Kalimbas. Sie muss bei einigen mit den Fingern etwas nachhelfen. Zur Auflockerung erhalten alle einen kleinen Shaker, um etwas Rhythmus zu machen. Eine Bewohnerin findet, es klinge, wie ein «Rössli, das trabe». |
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Es ist ihr wichtig, dass die Bewohnenden nicht nur den Klang des Instruments hören, sondern auch dessen Schwingungen wahrnehmen. |
Schliesslich macht auch noch das Hang die Runde, bevor Eva Blanco zum Abschluss noch eine Melodie darauf spielt. «Einige Bewohner konnten mimisch nicht ausdrücken, dass es ihnen gefällt», sagt sie. Und trotzdem habe man gemerkt, dass die Musik sie berühre. Genau das ist es, was Eva Blanco möchte. Das A und O ihrer Arbeit sei Empathie. Sie habe mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu tun – das Wichtigste sei es, sich in sie hineinzufühlen. Auch Flexibilität ist gefragt. So hatte Blanco beispielsweise mit etwa vier Personen gerechnet an diesem Nachmittag, doch gekommen waren zehn. Ihr Traum ist es, mit Komapatienten zu arbeiten, denn: «Ich glaube, dass die Musik des Handpan an Orte vordringen kann, die sonst geschützt und verschlossen sind.» |